Das Hünengrab bei Mellen

Als es in der Prignitz noch Riesen und Zwerge gab, hauste bei Lenzen ein gewaltiger Riese. Um seine Kraft zu proben und zu üben, schleuderte er einmal große Findlingsblöcke über den Rambower See. Als er gestorben war, legten seine Genossen diese Steine zu einer Grabkammer zusammen und betten den Riesen hinein.

Quelle:
Heuer, Reinhard: Prignitzer Sagen und Geschichten. Pritzwalk 1922, S. 12-13

Roswitha von Mellen

Zur Slawenzeit gab es in der Prignitz kein schöneres Mädchen als Roswitha, die Tochter des Herrn auf Mellen, Ludowin. Dieser war ein wohlhabender und einflussreicher Mann, gehörten ihm doch viele in Kriegszügen erbeutete Schätze. Doch eines fehlte Herrn Ludowin: ein Sohn, der alles hätte erben und weiterführen können. Missmutig war dieser darüber und beschloss als Heide und erbitterter Feind der Christen, dass seine einzige Tochter Roswitha nur einen Heiden zum Mann bekommen solle.

Inzwischen war die Kunde von der Schönheit des Mädchens durch die Lande gegangen und hatte Freier von nah und fern angelockt. Doch dem gestrengen Vater gefiel nur einer, es war Jagomir, der Sohn des Häuptlings Dragid, ein Heide, aber zugleich auch ein wilder Raufbold. Unverzüglich versprach Ludowin dem Christenfeind seine Tochter zur Frau. Roswitha dagegen konnte an dem wilden Gesellen keinen Gefallen finden, schon längst hatte sie ihr Herz an Siegfried, dem Sohn des Herrn auf Stavenow, verloren. Dieser war alles andere als ein Heide: erzogen im christlichen Kloster zu Lüneburg, hegte Siegfried einen tiefen Abscheu gegenüber jeglicher Grausamkeit. Längst war dies süße Geheimnis dem rauhen Jagomir hinterbracht worden, der seitdem nur noch einen Gedanken kannte: seinen vermeintlichen Nebenbuhler auszuschalten. Die Gelegenheit dazu ließ nicht lange auf sich warten. Eines Abends traf scih das Liebespaar außerhalb des Dorfes, um zu einem Spaziergang zum Rambower See aufzubrechen. Doch nach wenigen Schritten stürzte eine dunkle Gestalt aus dem Gebüsch. Jagimir war's, der sich, mit einem Messer in der Hand, auf den ahnungslosen Siegfried warf und ihn auf der Stelle erstach.

Siegfried wurde an der Stelle, an der er ermordet worden war, begraben. Ihm zu Gedenknen wurde ein Grabmal errcihtet: man hat dazu die größten Steine genommen, die weit und breit in der Gegend zu finden waren. Und Roswitha? Siegfrieds Tod hat sie nicht verwinden können, sie verlor den Verstand, welkte dahin und wurde wenige Zeit später an Siegfrieds Seite begraben.

An jedem Jahrestage von Siegfrieds Tod kann man sie sehen: es ist eine weißgekleidete Gestalt mit blassen Gesicht, die, auf dem Hühengrabe sitzend, wehklagend nach ihrem Geliebten ruft.

Quelle:
Der Streit um die Prignitz. Herausgegeben von der Kreisverwaltung Perleberg. Gesammelt und überarbeitet von Kerstin Beck. Illustriert von Bernd Streiter. Leipzig: Messedruck, 1996. - 2. Aufl. - S. 12- 13

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