Tierseuchenallgemeinverfügung zur Bekämpfung der Geflügelpest vom 30.11.2022

01.12.2022

Anordnung zusätzlicher Maßnahmen für die Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe

Amtliche Bekanntmachung

1. Geflügel (Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten und Gänse) darf im Landkreis Prignitz außerhalb einer gewerblichen Niederlassung oder, ohne eine solche Niederlassung zu haben, gewerbsmäßig nur abgegeben werden, soweit das Geflügel längstens vier Tage vor der Abgabe

a) klinisch tierärztlich oder

b) im Falle von Enten und Gänsen virologisch

mit negativem Ergebnis auf hochpathogenes oder niedrigpathogenes aviäres Influenzavirus untersucht worden ist. Im Falle von Enten und Gänsen sind jeweils 60 Proben je Bestand bzw. wenn weniger als 60 Tiere gehalten werden, von allen Tieren als kombinierte Rachen- und Kloakentupfer durch den Hoftierarzt entnehmen und in der jeweils zuständigenLandesuntersuchungseinrichtung (im Land Brandenburg das Landeslabor Berlin-Brandenburg) untersuchen zu lassen.

2. Derjenige, der das Geflügel im Landkreis Prignitz abgibt, hat eine tierärztliche Bescheinigung über das Ergebnis der Untersuchung nach Nummer 1 mitzuführen. Die Bescheinigung ist dem Landkreis Prignitz auf Verlangen vorzulegen. Die Bescheinigung ist mindestens ein Jahr aufzubewahren. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des letzten Tages des Kalendermonats, an dem die Bescheinigung ausgestellt worden ist.

3. Die Nummern 1 und 2 gelten nicht für die Abgabe von Geflügel, das unmittelbar zur Schlachtung verbracht wird.

4. Die sofortige Vollziehung der Maßnahmen nach den Nummern 1 und 2 wird angeordnet.

5. Die Tierseuchenallgemeinverfügung tritt am 02.12.2022 in Kraft und gilt bis zum 01.05.2023.

Begründung

I.

Nach § 14a der Geflügelpest-Verordnung kann die zuständige Behörde, soweit dies aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich ist, zusätzliche Maßnahmen für die Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe anordnen. Die Zuständigkeit für den Erlass dieser Tierseuchenallgemeinverfügung ergibt sich aus § 1 Abs. 4 des Ausführungsgesetzes zum Tiergesundheitsgesetz, nach dem die Durchführung der Vorschriften des Tiergesundheitsgesetzes und der auf Grund des Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen den Landkreisen und kreisfreien Städten als Kreisordnungsbehörde obliegt.

II.

Die Geflügelpest ist eine anzeige- und bekämpfungspflichtige Tierseuche, deren Auftreten hohe wirtschaftliche Schäden sowohl für die betroffenen Betriebe als auch, durch die bei Ausbrüchen zu verhängenden strengen Beschränkungen, für ganze Regionen verursacht. Der Erreger der Geflügelpest, ein hochpathogenes Influenzavirus, ist unter natürlichen Bedingungen auf Hausgeflügel und Wildvögel übertragbar und kann eine hohe Krankheits- und Sterblichkeitsrate nach sich ziehen. Es ist daher dringend erforderlich, alle nur möglichen Maßnahmen zu treffen, die die Gefahr einer Einschleppung und Weiterverbreitung des Erregers vermindern können.

III.

Anlässlich des aktuellen hochgradigen Geflügelpestgeschehens in mehreren Bundesländern, unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern, auch in privaten Geflügelhaltungen, ausgelöst durch mobile Geflügelhändler und die Durchführung von Veranstaltungen mit Geflügel sind die Anordnungen dieser Tierseuchenallgemeinverfügung aus Gründen der Tierseuchenbekämpfung erforderlich.

Gestützt auf die aktuelle Risikobewertung des Friedrich-Loeffler-Instituts zur hochpathogenen aviären Influenza vom 08.11.2022 ist derzeit von einem hohen Eintragsrisiko durch Verschleppung des Virus zwischen Geflügelhaltungen auszugehen. Die Maßnahmen sind nach pflichtgemäßem Ermessen notwendig, angemessen und auch verhältnismäßig. Insbesondere durch die Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe ohne vorherige Untersuchung besteht eine erhebliche Gefahr, den Tierseuchenerreger in kürzester Zeit in viele Geflügelhaltungen zu verschleppen.

IV.

Das Auftreten der Geflügelpest kann auf Grund der klinischen Symptomatik und der hohen Tierverluste in betroffenen Betrieben zu großen wirtschaftlichen Schäden führen. Die strengen Handelsbeschränkungen, die aufgrund des Auftretens der Geflügelpest auch für noch nicht von der Krankheit betroffene Betriebe verhängt werden, führen zu enormen wirtschaftlichen Verlusten für die gesamte Region. Auch in privaten Tierhaltungen, beispielsweise in Rassegflügelzuchten, kann der Erreger hohe Tierverluste verursachen. Es müssen daher sofort wirksame Maßnahmen getroffen werden, um die Gefahr einer Einschleppung und Weiterverbreitung des Erregers zu vermindern.

Die sofortige Vollziehung musste deshalb im besonderen öffentlichen Interesse angeordnet werden, um die Maßnahmen sofort wirksam werden zu lassen. Durch den Zeitverzug im Falle der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Widerspruchs kann es zu einer Einschleppung des Erregers durch Abgabe von Geflügel im Reisegewerbe kommen. Das private Interesse desjenigen, der Geflügel gewerbsmäßig im Reisegewerbe abgibt, an der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs muss hier hinter dem öffentlichen Interesse der sofortigen Vollziehung der Maßnahmen zurückstehen.

Hinweise:

- Verstöße gegen die Anordnungen stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit einer Geldbuße geahndet werden.

- Jeder Halter von Geflügel, sollte dies noch nicht geschehen sein, hat seinen Tierbestand im Sachbereich Veterinäraufsicht und Verbraucherschutz schriftlich, telefonisch oder per Mail unter veterinaeramt@lkprignitz.de anzumelden.

- Außerdem werden alle Halter von Geflügel auf die Einhaltung der Biosicherheitsmaß- nahmen hingewiesen. Auf der Internetseite des Landkreises Prignitz sind unter www.landkreis-prignitz.de/aktuelles/geflügelpest entsprechende Merkblätter einsehbar.

Rechtsvorschriften

§ 14a der Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest (Geflügelpest-Verordnung) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2018 (BGBl. I S. 1665) in der derzeit gültigen Fassung 

§§ 1 Abs. 4 des Gesetzes zur Ausführung des Tiergesundheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 2001 (GVBl. I 2002 S. 14) in der derzeit gültigen Fassung 

§ 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der derzeit gültigen Fassung

Erlass des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz zur Anordnung zusätzlicher Maßnahmen im Zusammenhang mit der Geflügelpest vom 29. November 2022

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen diese Tierseuchenallgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch eingelegt werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landkreis Prignitz, Der Landrat, Berliner Straße 49, 19348 Perleberg zu erheben. Auf Antrag kann das Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs ganz oder teilweise wiederherstellen. Auf Antrag kann der Landkreis Prignitz die Vollziehung aussetzen.

Im Auftrag

Dr. Sabine Kramer, Amtstierärztin

© Landkreis Prignitz 


Berliner Str. 49 -  19348 Perleberg -  Telefon: 03876 - 713-0  -   Fax: 03876 - 713-214
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