Schloss Demerthin: Übung zur Rettung von Kulturgut

07.10.2024

Als voller Erfolg erwies sich die erste Vollübung der vom Auswärtigen Amt finanzierten neuen KulturGutRetter-Auslandseinheit Cultural Heritage Response Unit (CHRU). 41 freiwillig arbeitende Fachleute probten vom 25. bis 28. September die Erstrettung von Kulturgut nach einem fiktiven Erdbebenszenario. Schauplatz der Übung war das Schloss Demerthin (Gemeinde Gumtow). Insgesamt waren etwa 100 Menschen an der ganzen Aktion beteiligt.

Freiwillige Helfer bei der Nassreinigung von Fundstücken. Foto: Bernd Atzenroth / Landkreis Prignitzzoom

Das Schloss erwies sich dabei als geeigneter Schauplatz für die Übung. Dabei war es im Vorfeld offenbar nicht einfach, einen solchen Ort zu finden. Dass das Gelände des Schlosses Demerthin für die Übung genutzt werden konnte, ermöglichten gemeinsam das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege, der Sachbereich Denkmalschutz des Landkreises Prignitz und die Gemeinde Gumtow.

Das Renaissance-Schloss war dabei Schauplatz eines fiktiven Erdbebenszenarios. In internationalen Hilfeersuchen wurde auch der Kulturgutschutz angefragt und in den Katastrophenschutzmechanismus der EU einbezogen. Deutschland hat in dem Szenario deshalb die Hilfe der Auslandseinsatzeinheit CHRU angeboten. Die Einheit ist an den betroffenen Einsatzort geflogen, an dem nun ein Schloss gesichert und Kulturgüter geborgen werden sollten.

Der Einsatz der neuen Einheit beginnt dabei frühestens 72 Stunden nach der Katastrophe – nämlich dann, wenn die Rettung von Menschenleben komplett abgeschlossen ist. Im Übungsfall galt es nun, ein Kulturdenkmal und sein Inventar zu sichern. Geübt wurde, wie man im Katastrophenfall Schäden an einem Denkmal erfasst, bewegliches Kulturgut bergen kann und dann dieses im mobilen KulturGutRetter-Notkonservierungslabor erstversorgt.

Die Beteiligten betraten dabei Neuland.
Einsatzleiter Stefan Tahn zeigte sich überrascht von der guten Zusammenarbeit von THW-Kräften, Katastrophenschützern, Archäologen, Restauratoren und Ingenieuren.

Freiwillige Expertinnen und Experten für Bauforschung und Denkmalpflege führten während der Übung mit der Unterstützung von THW-Einsatzkräften eine Schadenserfassung am Schloss Demerthin durch, bewerteten Schäden und dokumentierten das Gebäude.

Gemeinsam entfernten die Übungsteilnehmer Schutt aus den Schlossräumen, um die Statik zu entlasten. Die Freiwilligen füllten Hohlstellen am Gebäude und bargen Skulpturen, Dekorationselemente und andere mobile Kulturgüter, die im Labor auf dem Schlossgelände notkonserviert wurden. Mithilfe des digitalen QField-basierten Dokumentationssystems, das am DAI entwickelt wurde, erfassten Fachleute Gemälde, Statuen und andere Kulturgegenstände.

Spannend war es, die Arbeit im mobilen Labor für Notkonservierung zu beobachten, das am
Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA)  für den schnellen Transport in Katastrophengebiete entwickelt wurde und an der Hinterseite des Schlosses neben dem Camp der Übungsteilnehmer aufgebaut war. Alle Funde wurden hier fotografiert, nass oder trocken gereinigt und dann verpackt und erfasst. Dabei handelt es sich „nur“ um eine Erstrettung und Sicherstellung.

Das THW führte den gesamten Einsatz und stellte ehrenamtliches, erfahrenes Personal zur Verfügung, um das Team im Einsatzgebiet vor Ort zu leiten. Die Teamstruktur, das spezielle Equipment und die Workflows der Einsatzeinheit CHRU konnten die Teilnehmenden erstmals nach der Ausbildung im Einsatzszenario erproben.

Bei der Übung dabei waren auch viele Vertreter der Kommune und des Landkreises, etwa der Gumtower Bürgermeister Oliver Nitschke, der Sachbereichsleiter Denkmalpflege beim Landkreis Prignitz Gordon Thalmann, der Leiter des Kreisarchivs, Marcus Warnke, Kreisbrandmeister Christian Reisinger sowie Marcus Bethmann, Sachbereichsleiter Brand- und Katastrophenschutz beim Landkreis Prignitz, und Martin Grabow, Koordinator Zivil-/Katastrophenschutz beim Landkreis Prignitz.

Beobachtet wurde die Übung auch von Spitzenvertretern der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW), des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) sowie des Auswärtigen Amtes. Gekommen war auch Marco Panigalli von der Generaldirektion für den Europäischen Katastrophenschutz und die hunamitäre Hilfe (ECHO) der EU-Kommission. Die Bilanz der Übung fiel nicht nur bei Ihnen äußerst positiv aus.

Über das Projekt KulturGutRetter

Das Projekt KulturGutRetter wird seit 2019 unter der Leitung des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI), gemeinsam mit seinen Partnern von der Bundesanstalt Technischen Hilfswerk (THW) und dem Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) entwickelt. Das Projekt wird durch das Auswärtige Amt und den Deutschen Bundestag unterstützt.

Ziel ist die Etablierung einer Auslandseinheit, die von Deutschland aus über den Europäischen Katastrophenmechanismus (UCPM) weltweit Hilfe leisten kann, wenn Kulturgut durch Erdbeben, Überschwemmungen, Feuer oder andere Katastrophen gefährdet ist. In diesem Jahr nahm das Projekt erstmals mehr als 100 freiwillige Expertinnen und Experten für Kulturgutschutz auf und begann mit der Ausbildung. 

Die Freiwilligen der Cultural Heritage Response Unit (CHRU) hatten während der Vollübung 2024 in Demerthin erstmals die Möglichkeit, im Rahmen eines großangelegten Übungsszenarios gemeinsam das in diesem Jahr Erlernte anzuwenden.

Die Ausbildung der freiwilligen Fachleute für Kulturgutschutz und die dazugehörige Vollübung 2024 stellen einen wichtigen Meilenstein im Projekt dar auf dem Weg zur grundlegenden Einsatzfähigkeit der CHRU im Jahr 2025.

 Zum Abschluss stellten sich alle Beteiligten an der Übung zum Gruppenbild vor dem Schloss Demerthin auf. Foto: Bernd Atzenroth / Landkreis Prignitz

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