15.04.2025
Mit dem Anfang April geschlossenen Kooperationsvertrag will der Landkreis Prignitz seine Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Potsdam (FH) ausbauen. Gemeinsame Projekte im Bereich Denkmalschutz gibt es längst. Davon konnte sich Landrat Christian Müller in den Werkstätten der FH überzeugen.
Stein- und Holzobjekte sowie Wandmalereien werden von Studenten dokumentiert und restauriert. „Damit sind wir breit aufgestellt“, sagt Angelika Rauch. Die Professorin für Konservierung und Restaurierung schwärmt von den Möglichkeiten, die die Prignitz ihren Studenten bietet. Es gebe reichlich Potenzial für Abschlussarbeiten und für wissenschaftliche Publikationen. „In jeder Dorfkirche verbirgt sich mindestens ein Schatz“, meint sie. Die Prignitz hat 220 Kirchen.
Auf einer Palette liegt ein großer, verwitterter Grabstein. Daneben stehen ziemlich kaputt aussehende Figuren eines Brunnens. Wir sind in der Steinwerkstatt. Von Marmor über Sandstein bis hin zu Kunststein wie Gips oder Beton kommt hier alles auf den Tisch oder an den Kranhaken – je nach Größe des Objekts. Was Wind und Sonne zerstören, soll hier wieder repariert werden. Es geht um Witterungsschäden.
Für das nächste Studienjahr steht ein Prignitzer Objekt auf dem Lehrplan.
Es handelt sich um eine Marien-Figur der Marienkrönungsszene aus der Wunderblutkirche Bad Wilsnack, verrät Gordon Thalmann, Sachbereichsleiter Denkmalschutz im Landkreis. Sie stand ursprünglich in einer Wandnische des Südportals im Freien, wird aktuell jedoch aus konservatorischen Gründen im Hohen Chor verwahrt. Das Kirchenäußere konnte mit Fördermitteln des Programm „National wertvolle Denkmale“ weitgehend restauriert werden, doch für den Innenbereich und die dort vorhandene Ausstattung fehle es häufig an Mitteln. Daher sei die Zusammenarbeit mit der FH immens wichtig und von beiderseitigem Vorteil. „Wir sind furchtbar dankbar“, sagt Rauch und die Präsidentin Professorin Dr. Eva Schmitt-Rodermund ergänzt: „Unser Studienangebot lebt von diesen praxisbezogenen Inhalten. Das ist unsere Marke.“
In der Werkstatt von Tjalda Eschebach liegen Mosaikbilder auf den Tischen. Der Spezialkurs ist gerade erst zu Ende gegangen und die knapp 15 Plätze seien in jedem Jahr schnell ausgebucht. Eschebach leitet die Werkstatt für Malerei und kann Landrat Müller ein weiteres Beispiel aus der Prignitz benennen: Am Langhausgiebel unter dem Chorraum der St. Jacobi-Kirche Perleberg waren Wandmalereien versteckt. Da der Bereich nicht frei zugänglich ist, wurden sie durch einen Zufall entdeckt und gelten in Fachkreisen als kleine Sensation. „Wir kennen davon nur wenige Beispiele im norddeutschen Raum“, so Thalmann. Im Rahmen einer Bachelorarbeit haben zwei Studentinnen (Elena Böck & Elisabeth Haar) die Malereien aufwändig erfasst und rekonstruiert. „Es gibt die Idee, Kopien anzufertigen, die in der Kirche ausgestellt werden könnten, um Besuchern auch die versteckten Schätze zeigen zu können“, sagt Thalmann.
Prignitzer Schatz ist Schwerpunkt der Masterarbeit
Ganz so weit ist Leon Tettke mit seinem Projekt noch nicht. Der Masterstudent ist live aus Wien zugeschaltet und präsentiert Landrat Müller das derzeit größte Prignitzer Projekt an der FH: die Barockkanzel mit Patronatsgestühl aus der Kirche Klein Linde.Die 1734 bis 1736 errichtete Kapelle ist längst keine Kirche mehr, sondern wurde durch einen privaten Eigentümer in ein Ferienobjekt umgebaut. Die Barockkanzel mit Patronatsgestühl sowie Kirchenbänke wurden einst ausgebaut und die Einzelteile an verschiedenen Orten gelagert. Mal im Carport eines Pfarrers, mal in einer Scheune. Sie seien in knapp 25 Jahren häufig umgezogen, erzählt Thalmann. Zuletzt wurden sie in die Jugendbauhütte nach Heiligengrabe gebracht.
Hier hat sie Tettke für seine Abschlussarbeit entdeckt. Da es weder eine Nummerierung noch ein System der Lagerung gab, hat er zunächst alle Einzelteile und Schäden dokumentiert. „Wir sprechen von 117 Teilen und mehr als 600 Fotos“, sagt er. Akribisch listet er die Details in einer Tabelle auf. Das sei aber erst die Vorarbeit für die kommenden Studenten. Ziel ist ein Konzept für die Restaurierung der Barockkanzel mit dem Patronatsgestühl. Sollte eine Finanzierung gefunden werden, könnte dieser Schatz wieder zusammengefügt werden. Gordon Thalmann weiß sogar schon, wo die Kanzel und Teile der dazugehörigen Ausstattung künftig einen Platz finden könnten: in der sanierten Kirche von Stavenow. Der Förderverein Historisches Stavenow e.V. hat den Bau und das Freigelände in dem Dorf bei Karstädt wieder hergerichtet. Doch die Kirche besitzt keine Inneneinrichtung. Erste Gespräche gab es, doch bis dahin ist es noch ein längerer Weg, erklärt Thalmann.
Drei Werkstätten, drei Kunstschätze aus der Prignitz. Landrat Christian Müller ist beeindruckt und freut sich, dass die Zusammenarbeit mit der FH durch den Kooperationsvertrag noch weiter wachsen wird. Er lädt Dozenten und Studenten in den Landkreis ein. Sie könnten sich und ihre Studienangebote beispielsweise auf dem Brandenburgtag in Perleberg oder auf der Ausbildungsmesse Go! präsentieren.
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